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Hessens Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus: „Wir bringen den digitalen Fortschritt in die Praxis.“ Projekte aus dem Programm Distr@l zeigen Nutzen und Potenzial der Digitalisierung für die hessische Wirtschaft.
Wiesbaden. Digitaler Fortschritt braucht nicht nur Forschungsexzellenz, sondern auch den Transfer von Know-how, Erfahrung und digitalen Lösungen in die Praxis. Mit dem Förderprogramm Distr@l fördert die Hessische Digitalministerin seit Ende 2019 digitale Anwendungsprojekte aus Forschung und Entwicklung, die einen hohen Innovationsgrad aufweisen. Rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nahmen an der Veranstaltung ‚Innovation meets Finance‘ im Biebricher Schloss teil, bei denen einige Projekte greifbar vorgestellt wurden. Viele Projekte nutzen bereits Finanzierungsinstrumente, wie Beteiligungskapital der BMH Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH, daher wurde die Veranstaltung in Kooperation durchgeführt. „Wir bringen den digitalen Fortschritt in die Praxis. Innovationen sind die Triebfeder unserer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zukunft, deren Umsetzung ohne das nötige Kapital nicht möglich ist. Mit Distr@l geben wir eine Anschubfinanzierung und können Arbeitsplätze schaffen und erhalten. Diese hochinnovativen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sichern unsere
Zukunftsfähigkeit – Zukunft „made in Hessen “, so Hessens Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus.
Ende 2019 startete das mit 55 Mio. Euro größte Förderprogramm im Bereich der Digitalisierung in Hessen. Inzwischen wurden insgesamt 127 Projekte von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU), Start-ups, Hochschulen, Forschungseinrichtungen mit einem Gesamtvolumen von rd. 38 Mio. Euro zur Förderung ausgewählt. Die Projekte werden im Förderzeitraum mit rd. 20 Mio. € aus der Wirtschaft kofinanziert.
Zu der Veranstaltung wurden auch 30 bundesweit tätige VC-Gesellschaften eingeladen, die sich über neueste digitale Innovationen in Hessen informieren konnten. Die zahlreichen Einzelgespräche zwischen Investoren und Technologienentwicklern lassen hoffen, dass einige junge Unternehmen erfolgreich Kontakte knüpfen konnten und zukünftig neues Kapital einwerben können. Teil der Veranstaltung war eine Talkrunde mit Jürgen Zabel (BMH) sowie Frank Hüther vom Bundesverband Beteiligungskapital (BVK) zum Thema öffentliche und private Finanzierung von kleineren und mittleren Unternehmen und Start-ups.
Jürgen Zabel, Geschäftsführer der BMH Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH: „Gerade innovative junge Unternehmen stehen angesichts von Zinswende und wirtschaftlicher Unsicherheit vor finanziellen Herausforderungen. Als öffentlicher Kapitalgeber finanzieren wir digitale Innovationsprojekte sowie kleine und mittlere Unternehmen in Hessen in verschiedenen Phasen ihres Wachstums. Dies geschieht durch stille oder direkte Beteiligungen, die aufstrebende Unternehmen am Standort Hessen dabei unterstützen, ihre Ideen umzusetzen und ihr Wachstum voranzutreiben.“
Frank Hüther, Sprecher des Vorstands der BVK: „Beteiligungskapital ist Befähigungskapital – das gilt gerade im Mittelstand und dort nicht zuletzt bei den zentralen Zukunftsthemen Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Das Digitalisierungspotential von Geschäftsprozessen, und zwar unabhängig von der Branche, aber auch Konjunktur- und Krisen-Resilienz sind kritische Erfolgsfaktoren. Im Startup-Bereich setzen Kapitalgeber die konsequente Digitalisierung von Geschäftsprozessen voraus.“
„Wir können mit einer Förderung Projekte und deren Umsetzung anstoßen und haben Partner, die eine etwaige Anschlussfinanzierung ermöglichen. Ein Standortortvorteil ist die hessische Innovationskraft verbunden mit unseren hervorragenden Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen, die anwendungsbezogene Ergebnisse in die Wirtschaft transferieren“, so Sinemus.
Bei der begleitenden Ausstellung zur Veranstaltung waren insgesamt sieben Distr@l-geförderte Projekte vertreten:
Möglichst langes Leben in den eigenen vier Wänden
Die Veli GmbH, eine Ausgründung aus der Universität Kassel, unterstützt hilfsbedürftige Menschen, indem ein technisches Hilfsmittel entwickelt wurde, das Energieforschung mit Lebensassistenz verknüpft. Die Künstliche Intelligenz von Veli erkennt Gefahrensituationen, auch wenn sie vom Bewohner selbst nicht erkannt werden. Sie analysiert Haushaltsverbräuche von Strom und Wasser, erkennt Haushaltsaktivitäten und ermittelt aus diesen Informationen individuelle Profile. Auf Basis dessen wird in Echtzeit auf Unregelmäßigkeiten geprüft, im Bedarfsfall eine Meldung erzeugt und wahlweise Angehörige, Pflegende oder der Hausnotrufdienst benachrichtigt. Die Veli-KI erkennt, wenn ein bestimmtes Gerät länger als gewöhnlich eingeschaltet ist oder morgens die Kaffeemaschine oder der Toaster nicht zur gewohnten Zeit eingeschaltet werden. Auf diese Weise können z.B. Wohnungsbrände durch eine angelassene Herdplatte verhindert oder fehlende Aktivität (z.B. wegen eines Sturzes) erkannt werden. In der Entwicklung wurde Veli in dem Projekt „LAMA - Lebensassistenz durch Machine-Learning-Algorithmen“ durch Distr@l mit 550.000 Euro unterstützt, sodass sowohl Hardware als auch Software bis zur Marktreife weiterentwickelt werden konnten. Dazu zählt auf Hardwareseite insbesondere das ausfallsichere und adaptive Erfassen der Strom- und Wasserdaten und auf Softwareseite die zuverlässige Erkennung wiederkehrender Verhaltensmuster und damit möglicher Gefahren. Sinemus: „Das Projekt LAMA hat nicht nur einen hohen Innovationsgehalt, sondern auch einen wichtigen gesellschaftlichen Mehrwert. Es ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie sich digitale Transformation und der Mensch im Vordergrund‘ vereinen und ergänzen.“
Anschauungsmodell eines Rollstuhls, der mittels KI Barrieren erkennen kann
Aus dem Programm wird auch mit rd. 870.000 Euro die Weiterentwicklung und Validierung eines technischen Demonstrators und die dafür notwendige Robotik-KI für einen lasttragenden Laufroboter gefördert, der sicher und selbsttätig Treppen und Stufen überwinden kann. Damit sollen für Rollstuhlfahrende bisher unüberwindliche Barrieren des Alltags einschließlich Einstiege in Transportmittel wie Bus, Bahn oder große Autos ohne weitere Hilfsmittel oder Assistenz von Dritten gemeistert werden können. Aufbauend auf langjähriger Forschung in autonomer mobiler Laufrobotik und Weiterentwicklung des einzigartigen mechatronischen Designs des „Walkerchairs“ werden Innovationen in den Bereichen der echtzeitfähigen Umfeldwahrnehmung, automatischen Bewegungsplanung sowie deren sicheren, komfortablen Ausführung mit moderner Regelungstechnik und intuitiver Benutzerschnittstelle verfolgt. Allein in Deutschland sind ca. 1,6 Millionen und weltweit ca. 85 Millionen Menschen auf einen Rollstuhl angewiesen. Das Gründerteam um Oskar von Stryk von der TU Darmstadt möchte Rollstuhlfahrenden mit dieser High-Tech-Entwicklung Barrierefreiheit, selbstbestimmte Mobilität sowie Teilhabe am sozialen und beruflichen Leben und dadurch eine ganz neue Lebensqualität ermöglichen. „Die Entwicklung einer solchen intelligenten Mobilitätshilfe ist beeindruckend und bahnbrechend. Sie wird für Rollstuhlfahrende neue Möglichkeiten der Mobilität bieten und zeigt, wie mittels Digitalisierung hilfreiche Praxisanwendungen entstehen können, die der Gesellschaft im Nutzen einen Mehrwert bringen,“ betonte die Digitalministerin.
KI trifft Ahle Wurst
Das traditionelle Naturreifeverfahren in der Wurstproduktion (Ahle Wurst) ist ein komplexer Prozess. Anders als in der industriellen Produktion erfolgt die traditionelle natürliche Reifung von Ahler Wurst nicht in hochkontrollierten Reifekammern mit präzise gesteuerten Parametern (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, abgeschirmt von äußeren Umwelteinflüssen), sondern in einem natürlichen Umfeld in Lehmkammern auf den Dachböden historischer nordhessischer Fachwerkhäuser. Dieses Vorgehen sorgt bei der Reifung für ein charakteristisches, besonders intensives Aroma der Wurst, ist aber gleichzeitig mit einem außergewöhnlich hohen Überwachungs- und Pflegeaufwand der Produkte in den unterschiedlichen Phasen der Reifung verbunden. So muss jede in der Reifung befindlichen Wurst regelmäßig auf den Reifegrad geprüft und gegebenenfalls innerhalb der Reiferäume umgelagert werden. Mit Hilfe der
Distr@l-Förderung sollen geeignete Methoden gefunden werden, die den Reifegrad der Produkte anhand von Sensordaten in Kombination mit KI-Algorithmen bestimmen und verlässliche Daten über den Reifungsprozess liefern. Das Verfahren könnte zukünftig auf andere Produkte mit Naturreifeprozessen übertragen werden und auch dort die Produktion unterstützen. Mit knapp 100.000 Euro wird das Vorhaben der Landfleischerei Koch aus Kassel aus dem Programm gefördert. „Schmackhafter als ein Reallabor für die Produktion von Ahle Wurst geht es kaum und zudem wird ganz konkret der Nutzen einer KI aufgezeigt“, schloss Sinemus.
Neben diesen drei beschriebenen Projekten zeigte die Connfair GmbH aus Weiterstadt ihr digitales System zur personenbezogenen Zutrittskontrolle. Die Twinsity GmbH aus Breuna demonstrierte die Entwicklung einer cloud-basierten Software zur digitalen Inspektion von drohnenbasierten 3D-Modellen, welche KI-gestützt automatisch Schadstellen an Gebäuden und technischen Anlagen ermittelt. Die Smart medication eHealth Solutions GmbH aus Frankfurt zeigte eine patientenzentrierte digitale Lösung zum Monitoring und zur Therapie mittels KI und Serious Games am Beispiel der chronischen Erkrankung von Hämophilie. Aus Gießen stellte die Sfara GmbH deren Smartphone-basiertes, multimodales Verkehrswarnsystem zur Unfallvermeidung in Echtzeit vor.
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